Kleine Lärmkunde

Kleine Lärmkunde

Das Lärmthema ist sehr komplex und bedarf für genauere Aussagen immer der Beurteilung eines Lärmexperten. Hier sollen die wichtigsten Grundlagen als erste Orientierung und aus sicherer Quelle (mit Quellennachweis) dargestellt werden.

A) Mittelungspegel

Dauerschalldruckpegel für einen bestimmten Zeitraum (Stunde oder Tag).

Grenzwerte für Mittelungspegel

 Bei Mittelungspegel ab
tagsnachts *
WHO: gesundheitsgefährdend55 dB(A)45 dB(A)

Gesetzlicher Lärmschutz

Sog. „Lärmvorsorge“

PFS ab 01/ 2015 (ohne Schienenbonus)für Wohngebiete59 dB(A)49 dB(A)
PFS ab 01/ 2015 (ohne Schienenbonus)für Misch-/ Dorf-/ Kerngebiete64 dB(A)54 dB(A)
PFS vor 01/ 2015 (mit Schienenbonus)für Wohngebiete64 dB(A)54 dB(A)
PFS vor 01/ 2015 (mit Schienenbonus)für Misch-/ Dorf-/ Kerngebiete69 dB(A)59 dB(A)
Freiwillige Lärmsanierung für Wohngebiete67 dB(A)57 dB(A)
für Misch-/ Dorf-/ Kerngebiete69 dB(A)59 dB(A)

*nachts = 22 Uhr – 6 Uhr

** Gesetzlicher Lärmschutz v. a. bei Neubau oder weiterem Gleis oder wesentlicher baulicher Änderung (PFV) und mind. 3 dB(A) Lärmzunahme oder Mittelungspegel erhöht sich auf mind. 70 / 60 dB(A) tags/ nachts (siehe  Prüfschema im Lärmaktionsplan Teil A S. 11)

(§§ 41 – 43 BUmSchG, 16. BImSchV mit Schall 03 Berechnungsmethode)

 

Wenn nur ein Mittelungspegel ermittelt wird, so wird dieser für eine Entfernung von 25 m zur Schiene berechnet, d. h. alle Gebäude die näher an den Schienen stehen, haben einen deutlich höheren Mittelungspegel.

In Abbildung 3/7 werden die aufgrund unterschiedlicher Abstände zwischen Gleisachse und Immissionsort zu berücksichtigenden
Pegeländerungen angegeben. Die Beurteilungspegel sind ebenso wie bei den RLS-90 getrennt für Tag und Nacht zu berechnen. Da
nach der Verkehrslärmschutzverordnung (vgl. Abschnitt 3.1.2.2) nachts niedrigere Immissionsgrenzwerte als tagsüber gelten, die
Emissionen des Schienenverkehrs jedoch tags und nachts oftmals ungefähr gleich sind (vor allem an Güterzugstrecken), reicht es vielfach
aus, die Berechnung nur für die Nacht durchzuführen.

Abb. 3/7: Pegeländerung durch unterschiedliche Abstände zwischen Gleisachse und Immissionsort

Zugzahlen und Mittelungspegel

n = Mittlere Anzahl der Züge einer Zugklasse pro Stunde
p = Anteil der Fahrzeuge mit Scheibenbremsen in % des gesamten Zuges einer Zugklasse
Quelle Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV

Abbildung 3/6 zeigt zur Veranschaulichung den Mittelungspegel in 25 m Abstand von der Gleisachse, abhängig von der Anzahl der Züge einer Zugklasse (Züge gleicher Fahrzeugart mit gleichem Anteil scheibengebremster Fahrzeuge und mit gleicher Geschwindigkeit) pro Stunde und abhängig vom Anteil der Fahrzeuge mit Scheibenbremsen des gesamten Zuges. Die Zuglänge beträgt 100 m, die Geschwindigkeit 100 km/h. Die mittlere Höhe der Verbindungslinie Emissionsort – Immissionsort beträgt hier 2,0 m (Quelle: Lärmfiebel 2013).

 

Das 3 dB(A)-Rätsel

Überraschend: eine Verdoppelung der Zugzahl innerhalb eines Zeitraums (Stunde oder Tag) führt immer zur Erhöhung um 3 dB(A) egal ob es bsp. Von 1 Zug auf 2 oder von 200 auf 400 Züge (siehe Lärmaktionsplan LAP Teil 1 S. 8 und 9). Als „Verdoppelung“ des Lärms nimmt der Mensch bei einer Erhöhung um 6 – 10 dB(A) wahr.

Zur Erfüllung der Vorgaben der EU-UmgebungslärmRL ( RL 2002/ 49 EG  iVm. §§ 47 a-f BImSchG, 34. BImSchV vom 16.03.2006, VBUSch später CNOSSOS-EU) sind seit 2007/ 2008 strategische Lärmkarten und darauf aufbauend Lärmaktionspläne von den betroffenen Gemeinden bzw. dem EBA (für Haupteisenbahnstrecken > 30.000 Züge pro Jahr) zu erstellen.  In der Lärmkartierung sind 2 unterschiedliche Lärmindizes (= Lärmkennziffern) für die von Lärm betroffenen Ortschaften darzustellen, die das Lärmbelastungsmass darstellen. Dies sind der Lärmindex für den ganzen Tag (24 h) und der Lärmindex für nachts (22 – 6 Uhr). Dafür wird die Anzahl der Lärmbetroffenen in 5 Pegelbereichen (50 – 60, 60 – 65, 65 – 70, 70 – 75 und > 75 dB(A)) erfasst. Lärmindexe gebenimmer Mittelungspege wieder.

Bsp. für Winsen/ Luhe LAP Teil 1 S. 190

 

B) Spitzenpegel

Gemäß Untersuchungen der WHO reicht 1 Zug in der Nacht mit einem Einzelpegel vom über 45 dB(A) um Schlafstörungen hervorzurufen. Deshalb fordert das Abschlussdokument des DSN, dass der absolute Pegel jedes Zuges (Spitzenpegel = Maximalpegel), der nachts fährt, am Ohr des Schlafenden bei teilgekipptem Fenster nicht höher als 45 dB(A) sein darf. Das bedeutet außen am Fenster dürfen es max. 60 dB(A) sein. Die Spitzenwerte, die Waggons mit Graugussbremsen hervorrufen, liegen direkt am Gleis bei bis zu 100 dB(A). Das entspricht einer Kreissäge oder einem Presslufthammer in unmittelbarer Nähe. Diese Spitzenpegel für jeden Schlafraum durch aktiven Lärmschutz bis auf max. 45 dB(A) abzusenken, ist gesundheitlich erforderlich, aber sehr schwer zu erreichen.

– 10 dB(A)*

Lärmschutzwände (konventionelle, niedrige schienennahe LSW und Gabione)

– 2 dB(A)*

Geschwindigkeitsreduktion

– 5 dB(A)*

leisere Bremstechnik

– 3 dB(A)*        

besonders überwachtes Gleis

– 3 dB(A)*

Schienenstegabsorber(dämpfer) und Schienenschmiereinrichtung

Weitere Maßnahmen: Brückenentdröhnung, Tieflage, Troglage bis hin zum Tunnel

 

D)  Bremstechnik

Klotzbremsen:

Ø  Graugussbremsen

Alte, sehr laute Technik, die zudem die Gleise aufraut

Ø  Kunststoffbremsen

K-Bremsen

LL-Bremsen (Kunststoff +) sog. „Flüsterbremsen“ instandhaltungsintensiv

Neue Züge in Deutschland müssen mit K-Bremsen ausgestattet sein

Scheibenbremsen:

Regelmäßig bei Personenzügen vorhanden. Sind noch leiser als Kunststoffklotzbremsen.